Shutdown im Retail – was kostet ein Tag in Österreich?

20. März 2020

Danke Hannes Lindner & seinem Team vom Unternehmen Standort + Markt!
Toll, wie schnell ihr hier reagiert habt um zum „Shutdown der Handelsflächen“ konkrete Zahlen, Daten und Fakten zu liefern.

Ein Großteil der stationären – ohnehin schon durch den Onlinehandel angeschlagenen – Handelsflächen wird gerade in einen Dornröschenschlaf versetzt.
Alle verstehen jetzt im Handel, dass sie sich auf den Weg machen müssen, um in Bewegung zu kommen, Digitalisierung in ihre stationären Geschäfte reinzuholen und Gesamtstrategien zu entwickeln.

Zukünftig wird es nicht mehr die Unterscheidung zwischen Onlinehandel und stationärem Handel geben. Alle werden ihren KundInnen zukünftig hybride Lösungen anbieten müssen. Ich freue mich darauf, mit euch gemeinsam als Architekt & Digitalisierungsexperte diese neue Welt zu gestalten. Das schaffen wir gemeinsam!

Hier ist der spannende Artikel zu lesen: 


Shutdown im Retail – was kostet ein Tag in Österreich?

von Hannes Lindner
CEO & Partner bei Standort + Markt

Wir von Standort + Markt haben uns die Frage gestellt, was denn wohl ein Tag Shutdown den Shopbetreibern in österreichischen „Shopping Places“, also den Cities, Shopping Malls und Retail Parks so kosten mag. Herausgekommen ist dabei ein erster Research-Beitrag zu diesem Thema (weitere Beiträge werden folgen) mit der Intention, als analytisches Bindeglied zwischen Handel und Immobilienwirtschaft einen objektiven Beitrag in dieser nicht einfachen Situation zu liefern. Denn: Es ist evident, dass der Shutdown sowohl Shopbetreiber, als auch Vermieter/Eigentümer auf eine harte Probe stellen wird. Das Konfliktpotential (Mietpreisdiskussion) war schon vor „Corona“ hoch, primär entfacht durch Umsatzverschiebungen vom stationären Handel zum Onlinehandel. Und jetzt noch Corona. Wer erfährt Unterstützung? Wer zahlt die Zeche?

Unseren ersten Research-Schwerpunkt haben wir in den letzten Tagen auf die Frage des voraussichtlichen täglichen Umsatzrückgangs bei den Shopflächen in Shopping Center, aber auch ausgewählten Innenstädten gerichtet. Auf Basis unserer gerade in Fertigstellung befindlichen S+M Dokumentation Shopping Center Österreich 2019/20 gibt es in Österreich 242 Shopping Center mit insgesamt 4,07 Mio m² vermietbarer Shopfläche. Der jährliche Bruttoumsatz dieser 242 Center lag im Jahr 2019 bei rund 13,0 Mrd. € (vorläufiger Wert), der von gut 8.700 Shops erwirtschaftet wird. In unserem GIS System haben wir jede einzelne Shopfläche verortet, mit Nutzungen belegt und Kennziffern zur groben Abschätzung des einzelbetrieblichen Umsatzes hinterlegt. Damit ist es uns möglich, bereits heute einen Ausblick über den wahrscheinlichen tagesdurchschnittlichen Umsatzentgang im Zuge der verordneten Schließung von Shopflächen in Österreichs Einkaufszentren zu ermitteln.

Von den rund 4,1 Mio m² Shopfläche in den österreichischen Einkaufszentren müssen etwa 77%, damit rund 3,1 Mio m² Shopflächen im Zuge der Regierungsmaßnahmen geschlossen bleiben. Auf Basis des Vorjahresbruttoumsatzes (rund 13,0 Mrd. €) dieser Zentren lässt sich für 300 Öffnungstage ein erster theoretischer tagesdurchschnittlicher Umsatzsollwert für sämtliche Shopflächen in den österreichischen Einkaufszentren ermitteln. Dieser Sollwert liegt bei 43,3 Mio € täglich. Tatsächlich wird aber bestenfalls nur 31,5% des Umsatzes erzielt.

Täglich gehen den Shopbetreibern in österreichischen Einkaufszentren damit aufgrund des Shutdown zumindest 68,5% des Umsatzes, das sind 29,7 Mio € (brutto), verloren.

Interessant und nachvollziehbar dabei ist, dass Retail-Parks aufgrund ihres deutlich stärker auf die primäre Nahversorgung ausgerichteten Mix von den Umsatzverlusten deutlich schwächer betroffen sind als Shopping Malls. Insbesondere größere Malls mit hohem Bekleidungsanteil haben hier besonders zu kämpfen.

Aber nicht nur die Umsätze der Händler bleiben aus, auch die Mieten in den Centern wollen bestritten werden: geht man (konservativ) von einer Netto-Monatsmiete bei Shopping Malls im Österreich-Durchschnitt von € 25,-/m² vermietbarer Fläche und Betriebskosten von € 8,-/m² aus, so kosten die zwangsgeschlossenen Flächen monatlich in Summe knapp 76 Mio € (netto). Bei Retail Parks setzten wir eine Durchschnittsmiete von netto € 12,5/m² monatlich und Betriebskosten von € 2,0 m²an, womit in Fachmarktzentren die nicht nutzbaren Flächen monatlich mit insgesamt 12,0 Mio € zu Buche schlagen. In Summe stehen damit monatlich knapp 90 Mio € Kosten im Raum, um die wohl zukünftig trefflich diskutiert wird, wer sie zu begleichen hat.

Wir hoffen, mit dieser ersten Aufbereitung einen objektiven, versachlichenden Beitrag geliefert zu haben. Unser nächster Research-Beitrag wird sich mit den aggregierten Umsatzverlusten je Shutdown-Tag über alle österreichischen Shopping-Places hinweg (Cities, Shopping Malls, Retail Parks und sonstige Fachmarktagglomerationen) auseinandersetzen. Die ersten Ergebnisse dazu sollten nächste Woche vorliegen. Ein Vorgeschmack über die mögliche Dimension lässt sich schon heute aus dem Bereich der Gastronomie ableiten: Geht man in der österreichischen Gastronomie zwischen Bodensee und Neusiedlersee von einem Netto-Umsatzvolumen von rund 11,5 Mrd € (Jahr 2019) aus, dann liegt der wahrscheinliche Netto-Umsatzentgang alleine in der Gastronomie (bei einem Ansatz von 300 Öffnungstagen) bei täglich 38,3 Mio €. Die aggregierten Österreich-Werte zum täglichen Umsatzrückgang über sämtliche Shopping-Places hinweg werden daher weitere, wichtige Klarheit zum voraussichtlichen Umsatzentgang in diesen schwierigen Zeiten bringen.

Mit der neuen Verabschiedungsformel „Bleiben Sie gesund“ schicken wir Ihnen herzliche Grüße aus Baden!

Weitere Information zum Unternehmen Standort + Markt finden Sie hier:
http://www.standort-markt.at